Öko-(Mit)System im Steinbruch Micheldorf

Beitrag veröffentlicht am 01.12.2021

Naturschützer versus Abbaustätte: Das ist leider allzu oft ein spannungsgeladenes Verhältnis. Daher ist es in ökologisch verantwortlich agierenden Tagbaustätten mittlerweile auch bereits zum Standard geworden, den vorübergehenden Eingriff durch entsprechende Rekultivierungsmaßnahmen zu minimieren.

Diesbezüglich ist man im Steinbruch Micheldorf geradezu zu einer mustergültigen Partnerschaft gekommen, die völlig neue Wege in der Rekultivierung des Steinbruchs ermöglicht hat. So blühen und gedeihen im Steinbruch Micheldorf zum Beispiel eine Reihe von seltenen Orchideen, die kaum sonst wo noch in „freier“, geschweige denn kultivierter Natur zu finden sind. Im Jahr 1985 konnte zB der Fliegragwurz (im Volksmund „Bergmandl“) erstmals beobachtet werden.

Benannt nach der seltenen Orchidee, und zusammengesetzt aus einer illustren Runde noch aktiver und bereits pensionierter Micheldorfer von jung bis alt, sind die Bergma(n)dl – also Manndln wie Madln – seit Jahren und mit viel Freude und Engagement für die Natur im schönen Kremstal im Einsatz. Genau im Tal zwischen dem alten und dem neuen Steinbruch, ganz nahe am Ursprung der Krems, haben sie unter der Leitung von Obmann Werner Bejvl das sogenannte „Himmelreichbiotop“ errichtet: Eine naturkundliche Attraktion, die viele Besucher aus nah und fern anzieht. Und wenn man von dort dem Weg auf den Berg folgt, steht man auf einmal mitten auf der „Himmelreichwiese“ – von wo man nicht nur einen wunderbaren Rundumblick erhält, sondern auch direkt auf die darunter liegende Kalkabbaustätte des neuen Micheldorfer Steinbruchs sieht.

Anders als in früheren Zeiten wird der neue Micheldorfer Steinbruch heutzutage kontinuierlich renaturiert. So werden die Abbruchkanten zum Teil wieder aufgefüllt und verebnet, und die Bildung einer Humusschicht wird aktiv gefördert. Denn hier sind die Bergma(n)dl am Werk: Mit Sensen, Rechen und guter Laune werden die bereits fest etablierten Kalkmagerwiesen zweimal pro Jahr gemäht. Dann wird das Gras schichtweise auf den neuen, noch nackten Gesteinsflächen und Wegen aufgelegt. So bildet sich schon nach kürzester Zeit eine Humusschicht, aus der schnell die ersten Pflanzen sprießen.

Diese Form der beschleunigten und unterstützten Renaturierung komprimiert den Zeithorizont der natürlichen Rückeroberung und schafft ein einzigartiges Ökosystem innerhalb von nur wenigen Jahren. Daher finden sich im Steinbruch Micheldorf rund um die derzeitigen Abbauflächen eben eine ganze Reihe von blühenden Orchideenwiesen, auf denen zum Beispiel etliche Arten von Knabenkraut, Stendelwurz und Händelwurz zu finden sind.

Und bevor auf einer der umliegenden Wiesen eine neue Abbruchkante vorgesehen ist, kommen die Bergma(n)dl wieder und siedeln so manch kostbare Pflanze händisch um! Die Zusammenarbeit zwischen Steinbruchbetreiber, Landwirtschaft und Naturschützern ist in dieser Form sicherlich einzigartig – und wird hoffentlich noch in vielen Abbaugebieten Schule machen.

Der vollständige Bericht ist in unserer neuesten Ausgabe der „Kirchdorfer News“ nachzulesen.

Öko-(Mit)System im Steinbruch Micheldorf

Nachhaltiger Steinbruch: Ein Blick über das zentrale Wasserreservoir. Das Förderband führt vom aktuellen Abbruch direkt an die Bahn-Verladehalle. Rechts und links dominieren die vollständig renaturierten Gebiete.
Foto: Christoph Rieger

Öko-(Mit)System im Steinbruch Micheldorf

Die Bergma(n)dln aus Micheldorf sorgen auf den mageren Kalkwiesen rund um die Abbauflächen nicht nur für blühende Vielfalt, sondern auch für gute Laune!
Foto: Christoph Rieger